Software-Distribution: Pioniere im Software-Markt

Nicht nur mit Volumen-Software von Microsoft, Adobe oder Symantec kann der Fachhandel Umsätze erzielen. Da gibt es noch den riesigen Strauß der so genannten »erklärungsbedürftigen Programme«, mit denen sich Geschäftsfelder lukrativ ausweiten lassen. Allerdings ist der Aufwand, sie an den Mann zu bringen, ungleich höher, denn »von selbst« verkaufen die sich nicht. Doch ein Trupp spezialisierter Software-Distributoren hat dieses Problemfeld zu seiner Kernkompetenz erklärt und engagiert sich, diese Software marktfähig zu machen.


June 10, 2004
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Software ist gleich Microsoft. Mit diesem weit verbreiteten Trugschluss bringt der deutsche Fachhandel sich und damit auch seine Kunden um ein schönes Potenzial: nämlich Software zu verkaufen und einzusetzen, die passgenau Lücken zwischen den Standard-Lösungen füllt und das Arbeiten am Rechner komfortabler, schneller und effizienter macht. Und es gibt ein Heer an Software-Entwicklern, die mit ihren Produkten in den Startlöchern stehen.


Doch es ist nicht ganz einfach: Der deutsche Kunde ist berühmt für seine Skepsis, weniger berühmt ist er für seine Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Produkten und Technologien. Er hält es eher mit Bekanntem, das sich vielfach bewährt hat und mit dem er sich nicht in die Nesseln setzen kann. Dass er dabei auch Chancen vertut, macht ihm weniger Kopfschmerzen. Bei den Fachhändlern verhält es sich ähnlich. »Der deutsche Fachhandel sucht nicht den Kunden, der ein Produkt brauchen könnte, sondern er wartet, dass ein Kunde kommt, der das Produkt braucht«, moniert Markus Kürschner, Geschäftsführer des Software-VADs Maily. Dank oben beschriebener Kundencharakteristik bleibt das Geld auf der Straße.


Warten bis ein Kunde kommt, der ein Produkt braucht


Eine Reihe von Software-VADs, die sich nicht nur dem Vertrieb von Volumensoftware verschrieben haben, definieren ihre Kernkompetenz mit der Lösung genau dieser Problemstellung. Ihnen kommt damit die verantwortungsvolle Aufgabe zu, erklärungsbedürftige Software im Markt zu etablieren. »Ohne diese Distributoren sähe der europäische Software-Markt leer aus und würde nicht über solche Vielfalt verfügen«, behauptet Mindjet-Gesellschafter Jürgen Herzog, der sich nur zu gut an die ersten Gehversuche seiner Software vor rund fünf Jahren erinnert. Ohne die Unterstützung von Distributoren habe ein Software-Anbieter keine Chance, sich im Markt zu etablieren, und »als unbekannte Größe braucht man bei Ingram Micro oder Tech Data gar nicht erst anzuklopfen. Für die wird eine Software erst interessant, wenn sie ein gewisses Marktvolumen aufweist.«


Software-VADs sind also ein lebensnotwendiger Partner für kleinere Software-Anbieter, die noch keine Akzeptanz im Markt haben. Sie evaluieren Produkte, in denen Umsatzpotenzial für den Fachhandel steckt, prüfen sie auf ihre technische Validität, ihre Tauglichkeit für die unterschiedlichen Zielgruppen und bereiten den Markt marketingtechnisch in Zusammenarbeit mit den Herstellern für diese Software-Produkte auf. Sie eröffnen den neuen Software-Anbietern Kundenkanäle und Neukunden, die dem Hersteller ansonsten unbekannt beziehungsweise verschlossen wären. »Partner wie Maily oder aus CCP haben die Möglichkeiten von Mindmanager erkannt und dem Softwareprodukt einen Kundenkanal und das richtige Umfeld geboten«, erklärt Herzog. »Natürlich haben wir auch WKZs gezahlt, damit Marketing-Aktivitäten möglich wurden. Aber für die Positionierung im Markt waren die Distis verantwortlich.« Damit schaffen die VADs für sich und ihre Kunden neue Geschäftsfelder durch innovative, hochwertige Produkte und grenzen sich gleichzeitig durch diese Kompetenz von den Broadlinern ab.


»Stellt doch ‘ne Palette rein, dann bin ich reich«


Viele Software-Entwickler haben inzwischen erkannt, dass sie mit der Betreuung über Software-VADs kompetente und intensive Unterstützung erfahren – schon weil sich bei diesen aus Eigeninteresse das Engagement für ein Produkt rechnen muss und Preisdisziplin wichtiger ist als bei Broadlinern. »Bei uns steht fast jeden Tag ein Hersteller auf der Matte, der in unser Portfolio will«, erzählt Kürschner. Und hier beginnt bereits der Job der VADs: bei der Auslese. Denn weder Hersteller noch Distributor ist damit gedient, das Portfolio wahllos zu vergrößern. »Wir suchen uns Software, deren Technologie uns überzeugt, und die im Markt noch nicht so bekannt ist. Dort können wir etwas bewegen«, bestätigt Dipl. Ing. Christian Ortner, Geschäftsführer der Novastar Software & Consulting GmbH. Neben dem technischen Aspekt muss der VAD auch darauf achten, dass das neue Produkt die bereits bestehende Palette sinnvoll ergänzt und auch zur Zielgruppe des VADs passt. Denn nur dann kann es von Synergien profitieren.


»Stellt doch ‘ne Palette rein, dann bin ich reich!« Mit dieser Grundeinstellung kommt ein Software-Anbieter nicht weit, obgleich sie immer noch verbreitet ist. Dabei braucht es immense Marktkenntnis und Zeit, bis ein Produkt im Markt angekommen ist. »In Deutschland muss der Hersteller rund 1,5 Jahre in eine neue Software investieren, bevor er mit einer Rendite rechnen kann«, gibt Kürschner neuen Herstellerpartnern zu bedenken. Erst muss eine Bekanntheit im Markt geschaffen und die Botschaft transportiert werden wie gut und weshalb ein Produkt gut ist.


Präsenz zeigen ist deshalb das A und O bei der Markteinführung und dafür sind sinnvolle Marketing-Strategien gefragt. Hersteller, gerade wenn sie neu im Markt sind, sind damit oft überfordert. Sie halten Marketing entweder für überflüssig oder aber sie setzen aufgrund mangelnder Marktkenntnis für sinnlose Aktionen oft viel Geld in den Sand. Deshalb fungieren die Software-Distributoren als erfahrene Marketing-Dienstleister für die Hersteller und als Ideenlieferanten für auffallende Aktionen. Denn wo Geld fehlt, ist Kreativität gefragt. Auf diese Weise kann mit einem vernünftigen WKZ ein gewisses »Grundrauschen« im Markt sicher gestellt werden – durch Präsenz in Produktkatalogen, Anzeigen, Produktaktionen sowie Pressearbeit – so dass eine andauernde Präsenz des Produkts in der Öffentlichkeit gewährleistet ist.

Networking innerhalb der Branche stellt ebenfalls eine sehr effiziente Form des Marketings dar. Ein guter VAD nutzt deshalb seine Kontakte, um passende Hersteller zusammenbringen – und es entsteht irgendwann eine Eigendynamik, aus der kreative Bundles oder gemeinsame Roadshows etc. entstehen können.


Ist ein VAD vom Potenzial eines Produkts überzeugt, wird er auch personell die erforderlichen Ressourcen bereit stellen, es gut zu betreuen. Im Gegensatz zu Broadlinern, bei denen ein solches Nischenprodukt im besten Falle unter ferner liefen geführt würde, erfährt es bei den VADs optimale Betreuung. »Unsere Mitarbeiter haben eine enge Anbindung an die Produkte, das sind Kümmerer«, betont Kürschner. Er präferiert im Idealfall eine »Funded Head-Regelung«, um ein Produkt-Potenzial voll auszuschöpfen: Es wird ein Mitarbeiter abgestellt, der sich ausschließlich um den Vertrieb und die Betreuung eines bestimmten Produkts kümmert. 50 Prozent seiner Kosten übernimmt der Hersteller, 50 Prozent Maily. Die Unterschrift unter einen Distributionsvertrag darf nicht das Ende des Engagement sein – weder für den Hersteller noch für den Distributor.


Erklärungsbedürftige Software eröffnet dem engagierten Fachhandel gute Umsatzchancen, die jedoch verdient sein wollen – durch Überzeugungsarbeit beim Kunden. Dafür kann er diesem zusätzlichen Mehrwert bieten und damit Margen erzielen, die mit den gängigen Volumenprodukten nicht möglich sind. Die Software-VADs leisten dabei eine Menge Schützenhilfe im Vorfeld, indem sie für die Evaluierung der Software und deren Markteinführung und Betreuung verantwortlich zeichnen.


Systemhäuser, die erklärungsbedürftige Software verkaufen wollen, können im Detail auf vielseitigen Support ihrer VADs zählen. So ersetzen diese nicht selten komplett einen eigenen Einkauf und liefern dem Fachhändler das Know-how im Lizenzmanagement, verbunden mit dem Fachwissen für die Nischenprodukte aus einer Hand. »Ich müsste sonst Know-how im eigenen Hause dafür aufbauen«, begründet Gregor Bonse, Leiter Materialwirtschaft bei der Coses GmbH, einem Systemhaus, das auf Lösungen im Umfeld Rechenzentrum spezialisiert ist. Diesen Invest lässt er lieber seinem Software-Lieferanten zukommen. Bei Schulungen – sei es beim Fachhändler selbst oder beim Endkunden – springt ein guter VAD ebenfalls ein.


Besondere Stärken sieht Maily beispielsweise im Lead Management. »Wir qualifizieren die Leads nach Zielgruppe, regionaler Präsenz oder Qualifikation der Fachhändler. Das ist für eine saubere Channelstrategie nötig«, argumentiert er. Dazu müssten jedoch die Kunden und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen gut bekannt sein.


Demnächst müssen VADs auch mit verstärkter Broadline-Konkurrenz in ihrem ureigensten Gebiet rechnen, dem Vertrieb mit den erklärungsbedürftigen Produkten. Denn diese wollen künftig nicht mehr nur Standardartikel vertreiben, sondern möglichst eine komplette Produktrange abbilden. Auch wenn manchen diese Strategie anmaßend erscheint: Ihre effektiven Prozesse erlauben den Broadlinern ein wettbewerbsfähiges Auftreten auch in diesem Geschäft. »Wir nehmen Ingram Micro als Wettbewerber ernst«, erklärt Marc Müller vom VAD Tech Data Midrange. Auch Kürschner gibt zu bedenken: »Die Broadliner sind im Software-Markt sehr stark, weil sie aggressive Preise bieten können.«


Doch sie werden sich mit Sicherheit erst für Produkte mit bereits einem gewissen Marktvolumen interessieren. Die Einführung einer Software kann und will die Broadline-Distribution schon aufgrund ihres Geschäftsmodells nicht leisten. » Ein Broadliner nimmt Newcomer gar nicht erst auf oder der kleine Zwerg findet keine Beachtung und dementsprechend auch keinen Support«, erinnert sich Mindjet-Gesellschafter Jürgen Herzog an die Startphase seines Produkts.


Bei einem kleineren Software-Spezialisten sei auch ein kleineres Unternehmen mit einem Produkt mit Potenzial jemand und erhielte entsprechende Unterstützung.

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