IT-Automatisierung aktiviert ­Innovationspotenziale

Das Wissen der IT-Mitarbeiter ist zu wertvoll, als dass es für Routinetätigkeiten vergeudet ­werden sollte. Damit die Mitarbeiter aber bei einer Automatisierung mittun, muss diese nicht nur intellektuell, sondern auch emotional gut geplant sein.


March 27, 2008
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Das Problem ist bekannt: Der Aufwand, der benötigt wird, um den laufenden IT-Betrieb aufrecht zu erhalten ist hoch. Es bleibt zu wenig von der Zeit der Mitarbeiter und vom IT-Budget übrig, um IT-getriebene geschäftliche Innovationen anstoßen und finanzieren zu können. Nicht nur ist das Problem bekannt, auch die Lösung scheint auf der Hand zu liegen: die IT-Prozesse, die ausschließlich oder weitgehend aus Routinetätigkeiten bestehen, sollten automatisiert werden. Dass »der Druck, IT-Prozesse zu automatisieren, steigt«, ist auch das Resümee einer Studie des Marktforschungsunternehmens Unisphere, die kürzlich im Auftrag des Automatisierungsspezialisten UC4 durchgeführt worden ist. »Es sind nicht nur die Infrastrukturen in den Rechenzentren, die immer komplexer werden, es müssen auch zunehmend Workloads gesteuert werden, die sich über mehrere Geschäftsanwendungen erstrecken«, sagt Unisphere-Analyst Joseph McKendrick. Nicht nur UC4, das ursprünglich aus dem klassischen Job-Scheduling-Geschäft kommt und sich in den letzten Jahren immer weiter in Richtung Prozess-Automatisierung entwickelt hat, dient sich den gebeutelten Anwendern als Retter an. Die Systemmanagement-Anbieter – sowohl die Schwergewichte HP, IBM, CA Microsoft und BMC als auch die vielen mittleren und kleineren Protagonisten – haben schon längst ihre Marketing-Schalmei in Richtung »Service-Automatisierung« ausgerichtet. Mit der Automatisierung von Routineaufgaben will man die IT-Abteilung produktiver machen. Derartige Routine-aufgaben reichen von Patch-Einspielungen über Störfall-Management und Änderungsdienste bis zum Aufbau einer Datenbank, in der sämtliche Nutzer- und Geräte-Einstellungen sowie eine umfangreiche Änderungshistorie gespeichert werden. Während die klassische Ablaufsteuerung im Rechenzentrum (Job Scheduling) in erster Linie auf eine automatische Abwicklung von (Stapel-)Jobs innerhalb bestimmter Zeitfenster (meistens nachts) ausgelegt war, geht es bei der Service-Automatisierung um das automatische Abarbeiten ganzer Arbeitsketten, bei denen in der Regel mehrere Anwendungen involviert sind. Dabei werden nicht nur stur Jobs abgearbeitet, sondern Verkettungen gebildet, die viel menschliches Wissen benötigen. »Der Aufwand für die Automatisierung ganzer Geschäftsprozesse ist ungleich höher als für die Verkettung wiederholbarer, stark standardisierter Abläufe à la Job Scheduling«, weiß Nils Meyer, Senior Consultant Technical Sales bei CA. Es gebe zwar bereits Software dafür, doch viele Anwender scheuten noch »aufgrund des Implementierungsaufwands und des im Vorfeld nicht genau zu ermittelnden Ertrags« vor dem Einsatz zurück. Die Verbindung von Automatisierung und menschlichem Wissen spricht Christoph König an, Projektleiter bei Fujitsu Siemens, wenn er sagt: »Bei unserer Service-Plattform Auto Immune Systems werden die Erfahrungen aus jeder erfolgreich gelösten Aufgabe in einer speziellen Wissensdatenbank hinterlegt.« Ein solcher Wissensspeicher kann helfen, bei der Automatisierung die richtigen Prioritäten zu setzen. Für Holger Dörnemann, Manager Technical Sales Tivoli bei IBM, bildet dabei die Standardisierung von Plattformen und Applikationen die oberste Priorität. »Fehlende Standardisierung kann zu Produktionsproblemen und zu Produktionsausfällen führen«, sagt der Tivoli-Manager. Nicht zuletzt seien ohne standardisierte Komponenten auch Ziele wie Energieeffizienz und IT-Unterstützung für die Einhaltung der vielfältigen gesetzlichen und betrieblichen Regelwerke nicht vernünftig zu gewährleisten. Die »Sachsen DV Betriebs- und Servicegesellschaft« beispielsweise sichert mit dem Automatisierungswerkzeug eRunbook der im Westerwald beheimateten Firma nova ratio – die in Sachen Service-Automatisierung mit Sun kooperiert – eine revisionssichere zeitliche Dokumentation. Vor dem Einsatz des Automatisierungstools sammelten Spezialisten des IT-Dienstleisters die Konfigurationsdaten mit selbst entwickelten Skripten, erzählt Geschäftsführer Herbert Roller Brandao. Die Auswertung habe man dann manuell gemacht und die Er­gebnisse seien mit hohem zeitlichem Aufwand in eine Notes-Datenbank übertragen worden.Automatisierung spart Kosten, aber nur dann, wenn man effiziente Größenordnungen erreichen kann. Nur dann amortisieren sich die doch erheblichen Einstiegskosten für die Standardisierung und die Entwicklung von geeigneten Schnittstellen. »Fachapplikationen bei Behörden beispielsweise werden oft nur an sehr wenigen Arbeitsplätzen eingesetzt. Hier lohnt sich keine vollständige Automatisierung, da die Erstellungskosten für das Software-Paket die Installationskosten überschreiten würden«, weiß Dirk Struck, Produktmanager Infrastrukturmanagement bei Materna. Eine Alternative sei in solchen Fällen eine Administration aus der Ferne mit Hilfe eines dafür geeigneten Wartungswerkzeugs. Die Automatisierungsangebote der großen Hersteller wie HP oder BMC empfindet Struck zumindest für den Mittelstand »als zu komplex und oftmals bereits bei den Einstiegskosten für Lizenzen und Einführung als zu ­teuer«. Für die genannte Klientel seien Lösungen wie DX-Union, Baramundi Management Suite oder Matrix42 deutlich praktikabler. In der Tat hat ja vor allem HP mit dem Erwerb von Opsware sich ein gigantisches Portfolio in Sachen IT-Automatisierung geschaffen, das für mittlere Budgets und IT-Konstellationen eher abschreckend wirken dürfte. Unter dem Dachbegriff »Business Service Automation« wurde eine umfassende Automatisierungslösung für den IT-Betrieb in verteilten Umgebungen konzipiert, die alles umfasst, was dort zu finden ist, von Clients und Netzwerkkomponenten bis zu Servern und Speichern. Insgesamt ist das ein implementierungsintensives Angebot, das in erster Linie für große Kunden bezahlbar und attraktiv sein dürfte. In Deutschland scheint beispielsweise der etablierte HP-Kunde Münchner Rück ernsthafte Implementierungsabsichten zu haben. Was HP sein Opsware ist, das ist dem Konkurrenten BMC sein RealOps. »Mit Hilfe von RealOps alias BMC Service Automation werden Standardabläufe innerhalb des IT-Betriebs automatisiert«, formuliert Hagen Mayer, Teamleiter Software Consulting bei BMC Deutschland. BMC biete dazu die Anbindung verschiedener Anwendungen an gängige Protokolle wie SOAP und etablierte Beschreibungssprachen wie XML ebenso an wie Schnittstellen zu den hauseigenen Tools im Bereich Wartung oder auch zu komplexen ERP-Lösungen. Nach Darstellung von Mayer lässt sich mit RealOps ein komplexes Regelwerk, unter anderem mit Wenn-dann-Steuerungsstrukturen, aufbauen. Grundlage der Steuerungsskripte sind eine grafische Bedienoberfläche und die gängigen manipulativen »Programmier«-Methoden mit grafischen Elementen und Mauszeiger. Die Ablösung der Skriptprogrammierung durch einfaches »Drag-und-Drop« ist denn auch eine der wesentlichen Errungenschaften bei der Automatisierung von IT-Abläufen. Das ist nicht zuletzt auch für Dienstleister interessant, die damit schneller auf die Wünsche ihrer Kunden reagieren können und vor allem auch Erfahrungen mit einem bestimmten Kunden kostengünstig für andere Kunden einsetzen zu können. »Durch die Automatisierung von Lösungsroutinen für bekannte Probleme und die Korrelation der Endanwendererfahrungen mit Infrastruktur-Events bietet ein Automatisierungswerkzeug eine große Unterstützung für Mehrwertdienste«, erklärt Neil Forster, Manager Service Delivery Platform beim britischen IT-Dienstleister Attenda. Das Unternehmen setzt die Automatisierungslösung Aegis von NetIQ ein.

Vor dem Steuern kommt das Messen Durch intelligent betriebene, das heißt an den ­Geschäftsprozessen orientierte Automatisierung von IT-Abläufen können Innovationspotenziale besser erschlossen werden. »Auf dieser Grundlage lassen sich Kompetenzen nach Bedarf einsetzen. Die ­Kreativität jedes einzelnen Mitarbeiters kommt ­dadurch viel besser zum Tragen«, erläutert Martin Friedrich, Vorstand des Beratungshauses Arago in Frankfurt am Main. Voraussetzung der Automa­tisierung sei aber die zuverlässige Messung des Ist-Zustands der jeweiligen Infrastruktur. Was man nicht messen könne oder nicht gemessen habe, das könne man auch nicht steuern. Ganz wesentlich sei, dass bei Automatisierungsprojekten die Be­dürfnisse der Fachabteilungen im Mittelpunkt ­stünden. Und nicht zuletzt dürfen Automati­sierungsprojekte die IT-Mitarbeiter nicht überfahren, sondern müssen sie emotional und intellektuell einbinden.

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